Nachruf auf Slavko Avsenik
In Erinnerung an den genialen Komponisten, Musiker und Erfinder des Original-Oberkrainer-Sounds, Slavko Avsenik, erreichte uns ein Nachruf seines langjährigen, persönlichen Freundes und in Slowenien etablierten Autors und Textdichters Ivan Sivec, der sich hier ein paar ganz persönliche Gedanken gemacht und diese in den folgenden Zeilen niedergeschrieben hat.
Ein Nachruf auf Slavko Avsenik, verfasst von Ivan Sivec:
Slavko Avsenik (1929 – 2015)
Melodie ist für manche der goldene Faden des Lebens, die uns von der Wiege bis zur Bahre begleitet. In unseren Herzen widerhallt sie als die ferne Stimme unseres Heimatlandes, als sanfter mütterlicher Gesang, als ausgelassene Kindesfreude… Slavko Avsenik wurde die Melodie in die Wiege gelegt. Pri Jožovcu (Bei Jožovc) hatte man einen Bauernhof und ein Gasthaus. Das Gasthaus wurde schon im Jahr 1844 eröffnet. Dort versammelten sich unter anderen Sänger und Musikanten, Spaßmacher aller Art. Und obwohl Slavko und Vilko schon in den Jugendjahren beim dörflichen Organisten außergewöhnliches musikalisches Talent zeigten, sollte Slavko eigentlich Bauer werden. Doch er wollte, dass sein Weg anders verläuft. Lieber hatte er im heimischen Dorf Lieder gesungen, mit seinem Akkordeon Ständchen gespielt oder mit seinem Klavier Sportsfreunde in Planica unterhalten. Er wollte nämlich ein Skisprung-Ass werden.
Da er ahnte, dass ein erfolgreicher musikalischer Weg vor ihm stand, zog er mit Vilko nach Ljubljana, wo er zuerst als Arbeiter in der Textilfabrik Tonos Arbeit fand. Er hatte erste originäre Lieder schon im heimischen Dorf Begunje verfasst, in Ljubljana hatte er dann auch seine ersten Stücke komponiert. Während seiner Arbeit am Webstuhl öffnete sich ihm die Welt. Es entstand das Trompetenecho (Na Golici). Nach ersten Soloauftritten bei Radio Ljubljana hatte er mit Vilko ein Trio und danach das berühmte Oberkrainer Quartett gegründet, das später zu einem Quintett wuchs, dem Quintett der Gebrüder Avsenik (Kvintet Bratov Avsenik). Mit Hilfe der ältesten Musikradiosendung in Slowenien, den „Donnerstagabenden der heimischen Melodien und Gesänge“, haben die Avseniks in Zusammenarbeit mit herausragenden Volkssängern einen bunten Strauß ihrer originalen Musikstücke weltweit verbreitet. Sie wurden auch vom österreichischen Radio Kärnten eingeladen. Am Wörthersee wurde während seines Urlaubs der österreichische Textdichter und Radiomoderator beim Bayerischen Rundfunk in München, Fred Rauch, auf sie aufmerksam und machte Avseniks Melodien auch in seiner Wahlheimat Deutschland bekannt. So bekam die Musik von Slavko und Vilko Avsenik Flügel! Blitzschnell war Slavko nicht mehr nur ein gewöhnlicher Volksmusikant, sondern er war zu einem regelrechten Musiker, einem europaweiten renommierten Künstler geworden. Als das Schaffen von Slavko und Vilko auch außerhalb der Landesgrenzen gut aufgenommen wurde, war man daheim davon begeistert!
Überall im Alpenraum waren ihre Auftritte Monate im Voraus ausverkauft. Alle Schallplatten und Kassetten wurden mit der goldenen, manche sogar mit der Diamant-Schallplatte ausgezeichnet. Insgesamt wurden mehr als 32 Millionen Tonträger verkauft und mehr als tausend Originalkompositionen auf Tonträgern für die Ewigkeit gespeichert. Das Trompetenecho wurde zum meistgehörten Musiktitel in Europa. Im Ausland wurden die Avseniks mit den höchsten Kulturauszeichnungen geehrt. Nur in ihrer Heimat hatte man sich noch immer nicht mit dem Prešeren-Preis, der höchsten nationalen Auszeichnung für Kultur, dankbar erwiesen. Und das, obwohl sie dafür Verdienste tragen, dass ein neues Genre der Unterhaltungsmusik Gestalt annahm, obwohl Millionen von Zuhörer Slavkos und Vilkos Lieder willkommen hieß und obwohl rund 600 slowenische und sogar 10.000 ausländische Ensembles versuchten, sie nachzuahmen! Vor zwei Jahren wurde Avseniks Musik mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.
Es war aber stets Slavko Avsenik, der schon immer im Vordergrund stand, entweder als der Autor erster Kompositionen, als ausgezeichneter Akkordeonspieler oder lediglich als ein schlichter und offener Mensch. Dabei hatte er immer hervorgehoben, dass er selbst keine großen Verdienste am Erfolg hatte, es wäre eben der Wille Gottes gewesen. Das wichtigste für ihn war es, dass die Menschen seine Musik mit offenen Armen empfingen. Aus diesem Grund kann man sagen, dass er ein wahrhaftiger Herzenskönig ist. Der König der Musik, der als einziger von allen Slowenen als solcher anerkannt wurde. Der König der Volksherzen.
Er hinterließ uns ein enormes geistiges Erbe. Ein Erbe, das schon seit Jahrzehnten eines der größten Erkennungs- und Markenzeichen Sloweniens ist. Ein Erbe, aus dem auch in Zukunft noch zahlreiche kleinere und größere Ensembles schöpfen werden. Ein Erbe, das den Jugendlichen den wahren slowenischen musikalischen Weg zeigen wird. Slavko achtete zusammen mit seinen Kollegen nämlich auch stets darauf, dass seine Werke einem hohen Kompositions- und Aufführungsniveau gerecht wurden. Seine Melodien entstanden aus purer Liebe und er war von seiner Jugend an bis zum letzten Atemzug unermüdlich schöpferisch tätig. Dabei hatte er viel Unterstützung von seinen Angehörigen erhalten, vor allem von seiner Frau Brigita, seinen drei talentierten Söhnen Slavko, Grega und Martin, und seinem virtuosen Enkel Sašo.
Viele haben versucht, ihn nachzuahmen, aber niemandem ist es gelungen, ihn zu übertreffen. Er meinte bei solchen Versuchen nur, dass sich jeder Mensch eben auch auf seine Weise Mühe gibt. Das wichtigste dabei ist aber, dass es die besondere, weit verbreitete Geisteskultur der Unterhaltungsvolksmusik ohne die Avseniks nicht gäbe. Volkssänger würden weiterhin nur in ihrem eigenen Umfeld musizieren. Slavkos innere Kraft war dermaßen unerschöpflich, dass sie nicht nur die Tür für andere Künstler öffnete, sondern der ganzen Welt ein neues Musikgenre schenkte und Millionen von Menschen neues musikalisches Hoffen und auch Inspiration gab. Melodie ist für viele der goldene Faden des Lebens. Für Slavko Avsenik war es ein Faden aus Diamant. Dieser Faden wurde durch seinen Abschied nicht zerrissen, sondern nur in eine andere Form verlegt. Die Musik von Slavko Avsenik wird noch Jahrhunderte weiterleben. Niemand hat unsere Wege so geprägt wie er. Wir haben und werden weiter in Avseniks Zeitraum leben. Seine Musik ist so schlicht und gleichzeitig grandios, dass sie jeder Mensch mit einem Fünkchen Seele im Leib verstehen kann.
Ivan Sivec
Wir bedanken uns bei Ivan Sivec für die Zurverfügungstellung dieses Nachrufs, der ebenfalls auch in der „Delo“, der bekanntesten slowenischen Tageszeitung, erschienen ist.
Bei dieser Gelegenheit dürfen wir auch nochmals auf das erst vor wenigen Wochen erschienene und von Ivan Sivec verfasste Buch
Slavko Avsenik und seine Original Oberkrainer, ein europäisches Musikphänomen aus Oberkrain
hinweisen, das auf über 300 Seiten die Erfolgsgeschichte von Slavko Avsenik und seinen Original Oberkrainern aus verschiedenen Sichtwinkeln beleuchtet und wiedergibt, sei es in persönlichen Interviews mit Slavko und Bruder Vilko, sei es die Darstellung des Musikphänomens Oberkrainer mit all den Ensemblemitgliedern, die die ganzen Jahre über mitgewirkt und den original Oberkrainer-Sound geprägt haben oder die vielen Erinnerungen an den Werdegang und die hohe Zeit der Oberkrainer in Wort und Bild.
Seien Sie als ausgewiesener Oberkrainer-Fan dabei und nennen Sie ein Exemplar Ihr eigen.
Bestellen können Sie dieses Zeitdokument gerne auch hier.
Weitere Infos finden Sie auch auf der deutschen Webseite des Autors Ivan Sivec unter slavkoavsenik.de
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